Ein facettenreiches Wandelkonzert in die Unterwelt und zurück.
Die wohl berühmteste musikalische Reise in den Untergrund ist jene von Orpheus, der nach dem Tode seiner geliebten Frau nichts unversucht lässt und mit seiner Lyra bewaffnet hinab ins Totenreich steigt, um die Götter der Unterwelt mit seinem Gesang dazu zu bewegen, ihm die Verstorbene zurückzugeben. Was noch keinem Menschen zuvor gelungen ist, schafft Orpheus mithilfe seines Gesanges. Seine Bitte wird erhört und Eurydike darf unter jener einen Bedingung ins Reich der Lebenden zurückkehren, dass Orpheus sich auf dieser Reise zurück nicht zu ihr umblicken darf. Doch diese Prüfung besteht er nicht und verliert so schliesslich seine Ehefrau für immer.
In einem Wandelkonzert begibt sich das Publikum auf die Spuren des Orpheus-Mythos. Jede Station im Museum Kleines Klingental berichtet von einem anderen Teil der Saga: die glückselige Zweisamkeit von Orpheus und Eurydike, die Nachricht über den Tod Eurydikes, Orpheus‘ Trauer an ihrem Grab, sein Abstieg ins Reich der Schatten, die Unterwelt und ihre Bewohner, Orpheus‘ verhängnisvoller Blick zurück und schliesslich sein einsames Weiterleben im Reich der Lebenden. Die Schauspielerin Serena Wey übernimmt dabei die Rolle der Erzählerin und geleitet die Konzertbesucher:innen mit Texten von Ovid, Alessandro Striggio, Heinrich Heine und Rainer Maria Rilke von einem Ort zum nächsten.
Der Sage nach vermochte der Gesang Orpheus‘ die Naturgewalten zu beherrschen. Doch war es eigentlich seine Lyra – ein Geschenk Apollos und das Einzige, das nach seinem Tod als Sternbild von ihm erhalten geblieben ist – die jene Macht besass. Um der Magie dieses Instrumentes zu huldigen, beginnt das Konzert «Orpheus» mit der virtuosen Fantaisie op. 124 für Harfe und Violine von Camille Saint-Saëns. Nicht nur entfaltet darin die Harfe jene berührende Klangschönheit, die an Orpheus‘ Spiel erinnert, sondern symbolisiert die besondere Kombination zweier Saiteninstrumente – eines gezupft, das andere gestrichen – die Verbindung zwischen Orpheus und Eurydike vor jenem tragischen Schlangenbiss, der sie aus dem Leben riss.
Monteverdis Sestina «Lagrime d’amante al sepolcro dell’amata» (Tränen eines Liebenden am Grabe der Geliebten) schrieb er anlässlich des Todes seiner Schülerin und Sängerin Caterina Martinelli. Sie war für die Titelrolle seiner Oper L’Arianna vorgesehen, verstarb jedoch kurz vor der geplanten Uraufführung im Alter von nur 18 Jahren an den Pocken. Monteverdi dürfte mit seinen Klageliedern jedoch auch an den Tod seiner eigenen Frau gedacht haben, die er erst drei Jahre zuvor verloren hatte.
Igor Strawinsky schrieb seine «Drei Stücke für Streichquartett» 1914. Später orchestrierte er diese und verlieh den drei kurzen Sätzen die Titel «Dance – Excentrique – Cantique». In seiner ursprünglichen, kammermusikalischen Form nannte er sie jedoch einfach «Grotesken». Verwoben in die ebenfalls sonderbaren Gedichte «Unterwelt I & II» von Heinrich Heine zeichnen sie ein Bild der eigentümlichen Bewohner des Totenreiches.
Das Streichquartett «Black Angels – Thirteen Images from the Dark Land» des amerikanischen Komponisten George Crumb entstand während des Vietnamkrieges. Es beschreibt in seinen drei Sätzen den Weg einer Seele durch die drei Zustände von Abschied, Absenz und Wiederkunft. Im zweiten Satz – dem Verweilen der Seele in Absenz oder in einem Zustand des Todes – zitiert Crumb das berühmte Lied «Der Tod und das Mädchen» von Franz Schubert.
Nach Orpheus‘ verhängnisvollem Umblicken kehrt er alleine in die Oberwelt zurück und schwört von da an allen Frauen ab. Da lontano hört das Publikum sein Spiel auf der Lyra in Form des langsamen Satzes aus einer Klaviersonate von Clara Schumann - eingerichtet für Harfe.
Texte und Werke:
Camille Saint-Saëns (1835 – 1921)
Fantasie für Violine und Harfe op. 124
Alessandro Striggio (1573 – 1630)
Aus dem Libretto von «Orfeo»
Messaggiera
Claudio Monteverdi (1567 – 1743)
Aus dem sechsten Madrigalbuch SESTINA «Lagrime d’amante al sepolcro dell’amata»
Incernite spoglie
Ditelo voi
Darà il notte la Sol
Ma te raccoglie
O chiome d’or
Dunque amate relique
Heinrich Heine (1797 – 1856)
Unterwelt I & II
Igor Strawinsky (1882–1971)
Drei Stücke für Streichquartett
Nr. 1 Dance
Nr. 2 Excentrique
Nr. 3 Cantique
Ovid (43 v.Chr. – 17.n.Chr.)
Aus den «Metamorphosen»
Orpheus und Eurydike
George Crumb (1929 – 2022)
Aus «Black Angels» - Thirteen Images from the Dark Land für elektrisches Streichquartett
II.Absence
Pavana Lachrymae
Threnody II: Black Angels!
Sarabanda de la Muerte Oscura
Lost Bells (Echo)
Rainer Maria Rilke (1875 – 1926)
Orpheus. Eurydike. Hermes.
Clara Schumann (1819 – 1896)
Aus der Klaviersonate in g-Moll (eingerichtet für Harfe)
II. Adagio
Mitwirkende:
Voces Suaves, Vokalensemble
Yuki Kasai, Violine
Daniel Meller, Violine
Manuel Hofer, Viola
Chiara Samatanga, Violoncello
Vera Schnider, Harfe
Serena Wey, Sprecherin
Im Anschluss an die Konzerte findet ein Apéro statt.
Informazioni sull'evento
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